11  Homeotische Gene

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Homeotische Gene sind Steuergene, die ganze Entwicklungskaskaden in der Embryonalentwicklung in Gang setzen. Sie sind einander über einen breiten systematischen Bereich von der Fliege, der Maus, dem Huhn bis zum Menschen sehr ähnlich. Die grosse Ähnlichkeit dieser Steuergene der Embryonalentwicklung nährte anfänglich den Gedanken, sie als Schlüsselgene der Makroevolution zu sehen. Diese Erwartung blieb jedoch unerfüllt.



Vor einigen Jahrzehnten hat ein Biologe der University of Denver während einer öffentlichen Debatte das Beispiel einer "vorteilhaften" Mutation bekannt gemacht. Es betraf das Bithorax-Gen, das bei der Fruchtfliege vier Flügel erzeugt. Allerdings verringerte sich dadurch ihre Flugfähigkeit. Möglicherweise fehlte im Gehirn das Steuerungsprogramm für vier Flügel. Solche Insekten würden durch die natürliche Selektion sehr rasch wegselektiert (1).

"Kontrollgene - wie z.B. homeotische Gene - können das Ziel von Mutationen sein, welche die äussere Erscheinungsform erheblich verändern. Aber man muss sich bewusst sein, dass, je mehr Veränderungen man in einem komplexen System macht, umso grösser die Auswirkungen (auch die nachteiligen) auf die Peripherie sind. Die homeotischen Veränderungen, die man in den Genen der Drosophila gemacht hat, haben ausschliesslich zu Monstrositäten geführt", muss der Evolutionist Schwabe eingestehen (2).

Angesichts der ingeniösen Art, wie diese Hauptschaltergene die ihnen untergeordneten Gene der Morphogenese (Gestaltbildung) in einem präzisen räumlichen und zeitlichen Muster dirigieren (3), fällt es schwer, die Entstehung dieser Symphonie einer zufälligen Entwicklung über lange Zeiträume zuzuschreiben. Ein falscher Ton, z.B. eine durch eine Mutation gestörte Protein-DNA-Interaktion, kann jederzeit - oder mit zeitlicher Verzögerung beim Vorhandensein von Pufferkapazitäten - den Abbruch des Orchesters, d.h. eine Fehlentwicklung und damit eine Fitnessminderung sowohl des Individuums wie auch der Art, bedeuten.

Jeder positiven homeotischen Mutation, die zu einem "höheren" Erscheinungsbild führen soll, muss eine Vielzahl von kleinen positiven Mutationen in den Zielgenen weiter unten in der Hierarchie der Kontroll- und Zielgene folgen. Rein rechnerisch entsteht dabei eine Multiplikation der positiven Mutationswahrscheinlichkeiten. Dies reduziert drastisch die Wahrscheinlichkeit für die Realisierung eines neuen, "höheren" Gestaltungsvorganges und Phänotyps mittels zufälliger Mutationen.


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(1)  Jane B. Reece und Neil A. Campbell, Biology, Benjamin/Cummings, 1999, S. 460.

(2)  C. Schwabe, Theoretical limitations of molecular phylogenetics and the evolution of relaxins, Comp. Biochem. Physiol., 107B, 1994, S. 167-177.

(3)  Walter J. Gehring, Wie Gene die Entwicklung steuern, Birkhäuser Verlag, 2001.



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U.-N. D.-Meister wrote:
Wie in der These selbst dargestellt "hat man früher angenommen...". Heute weiß man, dass dies einfach Gene sind, die sehr früh in der Entwicklung der Lebewesen schon vorhanden waren, und schon damals sowie seitdem so wichtig in der Steuerung der Entwic