Kritisches Email eines Biologiestudenten

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Sehr geehrte Kreationistinnen und Kreationisten

Dezember 2009


Ich bin Student am Departement Biologie der XY in XY. Mit grossem Interesse verfolge ich daher die Debatte um die Entstehung des Lebens und der biologischen Diversität. Vor Kurzem ist mir Ihr Buch „95 Thesen gegen die Evolution“ unter die Augen gekommen, worauf ich mich ein Bisschen mit Ihrer Organisation beschäftigt habe. Ich komme nun nicht umhin, mir einige Bemerkungen zu erlauben:

1. Offenbar hat sich niemand in Ihren Reihen mit den molekularen Details der Evolution befasst. Hätten sie es nämlich getan, würden Sie selbst dutzende Ihrer Thesen nichts weiter als lächerlich finden. (Wir Wissenschaftler belehren Sie im Interessensfall natürlich gerne.)

2. Sie als nicht-Wissenschaftler haben, meiner Ansicht nach, keine Befugnis öffentlich über solch komplexe Dinge zu debattieren, da Sie, mit Verlaub, keine Ahnung haben, wovon Sie sprechen. Mit Ihren unsinnigen Ideen Nichtwissende zu beeinflussen grenzt an Gehirnwäsche und gehört verboten!

3. Falls Sie denken, die pro- und kontra-Evolutions Argumente seien tatsächlich etwa ausgeglichen, ist zu sagen, dass Sie der enormen Wissenschaftlichen Evidenz seit jeher nur ein Argument zu entgegnen haben; den Text in einem fast 2000 Jahre alten Buch. Das scheint mir doch, um Bibelnahe zu bleiben, ein David- Goliath Kampf zu sein!

4. Es ist eine Frage der Zeit bis sowohl Evolutions- als auch Urknall-"Theorie" restlos bewiesen sind. Ihre Argumente sind im Prinzip nur die winzigen Bremsklötze am enormen Rad der Naturwissenschaften und somit zwar eine sehr mühsame Sache, aber auf die Dauer dem sicheren Scheitern geweiht.

5. Zum Begriff "Theorie": Sie verstehen auch den falsch. "Theorie" heisst nicht: "Wissenschaftliches Gebrabbel ohne wirkliche Wahrheitsanspruch", wie sie zu glauben scheinen, sondern: "Bis auf viele Stellen nach dem Komma bewiesener Sachverhalt, der jedoch experimentell sehr schwierig zu belegen ist."

Ich hoffe, Sie mit meinen Zeilen getroffen zu haben und verbleibe mit der Bitte, die alte Regel "zuerst denken - dann reden" doch in Ihr Programm aufzunehmen. Ihr Gott hätte nicht gewollt, dass seine Natur so falsch interpretiert wird, wie Sie es tun!

Mit freundlichen Grüssen, T.



Anworten auf Ihre Einwände und Fragen:

5. Januar 2010


1.  Offenbar hat sich niemand in Ihren Reihen mit den molekularen Details der Evolution befasst. Hätten sie es nämlich getan, würden Sie selbst dutzende Ihrer Thesen nichts weiter als lächerlich finden. (Wir Wissenschaftler belehren Sie im Interessensfall natürlich gerne.)

-  Einer unserer Mitarbeiter ist Dr. der Chemie und hat das Kapitel „Chemische Evolution“ mehrfach gründlich überarbeitet. Speziell These 35 sollten Sie aufmerksam lesen. Ferner möchte ich zu bedenken geben: Jeder Schuljunge weiss heute mehr vom molekularen Aufbau der lebenden Zellen als Darwin seinerzeit auch nur ahnte. Das Problem das SIE und viele Fachleute haben ist folgendes:

In den vergangenen Jahrzehnten wurde unter dem Paradigma der Evolutionstheorie geforscht und alle neu gewonnene Erkenntnis zur biomolekularen Funktionsweise der lebenden Zellen wurde fortlaufend in das bestehende Modell eingefügt. Nicht die einzelnen Erkenntnisse haben zur Annahme des Modells geführt. Vielmehr haben zig Wissenschaftler auf ihrem Gebiet Grundlagenforschung betrieben (wie funktioniert es?) und erst daraufhin (sekundär!) Antworten geliefert, wie die jeweilige Erkenntnis im Modell der Evolution zu verstehen sei. Was ins Modell passte wurde dazu genommen. Was nicht ins Modell passte ausgelassen. Auf diese Weise ist ein gigantisches Sammelsurium an Erklärungen entstanden das Ihnen als Student heute enorm vorkommen muss.
 

2.  Sie als nicht-Wissenschaftler haben, meiner Ansicht nach, keine Befugnis öffentlich über solch komplexe Dinge zu debattieren, da Sie, mit Verlaub, keine Ahnung haben, wovon Sie sprechen. Mit Ihren unsinnigen Ideen Nichtwissende zu beeinflussen grenzt an Gehirnwäsche und gehört verboten!
 
-  Mit Verlaub: Was an den staatlich finanzierten Hochschulen abläuft, DAS ist Gehirnwäsche. Wer Karriere an einer Hochschule machen will sollte darauf achten, dass nicht öffentlich bekannt wird, dass er/sie an der Evolutionstheorie zweifelt. Mehrere Doktoren die an öffentlichen Hochschulen arbeiten haben uns beim Erstellen der 95 Thesen geholfen. Darunter ein Dr. Bio. der da schon Jahrzehnte arbeitet. Wenn ihre Namen bekannt würden, dann müssten sie mit ernstzunehmenden Repressionen rechnen…!!!


3.  Falls Sie denken, die pro- und kontra-Evolutions Argumente seien tatsächlich etwa ausgeglichen, ist zu sagen, dass Sie der enormen Wissenschaftlichen Evidenz seit jeher nur ein Argument zu entgegnen haben; den Text in einem fast 2000 Jahre alten Buch. Das scheint mir doch, um Bibelnahe zu bleiben, ein David- Goliath Kampf zu sein!
 
-  Ein David-Goliath-Kampf war der Kampf um die Wahrheit schon immer ;-) Was meinen Sie wie ein Galileo Galilei sich gefühlt haben muss? Oder eben, ein David? (Auf die „enormen wissenschaftlichen Evidenzen“ will ich an dieser Stelle gar nicht eingehen. Die taugen so wenig wie das Gutachten eines Dr. Marlboro, dass Rauchen gesund sei ;-)  - Indes: Das Alter der Bibel ist ein starkes Argument für ihre Glaubwürdigkeit. Lesen Sie einmal in Ruhe These 91. Die Sprachen in denen die einzelnen Bücher der "Schriftensammlung Bibel" ursprünglich geschrieben wurden waren hochstehender als alle modernen Sprachen. Ergo: Die Verfasser derselben können kaum als "dümmer" denn heutige Philosophen bezeichnet werden. Zudem: Kein einziges Buch aus dem Altertum ist auch nur annähernd so gut belegt wie die Bibel. Sie ist das Buch der Rekorde schlechthin. Und nun fragen Sie sich folgendes:

WENN da tatsächlich ein Gott wäre der alles erschaffen hat – würde der sich uns mitteilen wollen? Ja, und WENN Er das wollte, würde Er nicht wohl durch ganz unterschiedliche Menschen und über Jahrtausende immer wieder zu uns sprechen? Würde Er nicht (wie das einzig in der Bibel der Fall ist) uns Seinen ganzen Plan von der Erschaffung der Erde bis zum Ende der Erdgeschichte aufzeigen? Mit Verlaub: Es steht Ihnen als gebildetem Menschen nicht gut an, das gigantischste literarische Werk der Menschheitsgeschichte in diesem herablassenden Ton zu bezweifeln.
 
Und noch ein "WENN": Ja, WENN Gott alle Lebewesen erschaffen hat: Wer ist der Mensch? Nehmen Sie sich einen Moment Zeit These 72 zu lesen.


4.  Es ist eine Frage der Zeit bis sowohl Evolutions- als auch Urknall-"Theorie" restlos bewiesen sind. Ihre Argumente sind im Prinzip nur die winzigen Bremsklötze am enormen Rad der Naturwissenschaften und somit zwar eine sehr mühsame Sache, aber auf die Dauer dem sicheren Scheitern geweiht.

-  Hört hört! Auf dass sich das bessere Modell durchsetzen möge!


5.  Zum Begriff "Theorie": Sie verstehen auch den falsch. "Theorie" heisst nicht: "Wissenschaftliches Gebrabbel ohne wirkliche Wahrheitsanspruch", wie sie zu glauben scheinen, sondern: "Bis auf viele Stellen nach dem Komma bewiesener Sachverhalt, der jedoch experimentell sehr schwierig zu belegen ist."

-  "Sehr schwierig zu belegen" ist die Evolutionstheorie? Trotz "enormer wissenschaftlicher Evidenzen"? Aber sicher, die Evolution zu beweisen ist definitionsgemäss unmöglich. Was wir unter dem Begriff "Theorie" verstehen und inwiefern sich die Evolution beweisen (oder eben NICHT beweisen) lässt, haben wir in These 70 gründlich abgehandelt.

Keineswegs ist das Modell der Evolutions-, Ursuppen- und Urknalltheorie ein „bis auf wenige Stellen nach dem Komma bewiesener Sachverhalt“. Aber natürlich: Man kann es sich so wünschen und als Jäger und Sammler abertausende kleiner Evidenzen in ein bestehendes Dogma einfügen; resp. sie mit Gewalt einhämmern. Ein schönes Beispiel dazu: These 68 (Evolutionäre Psychologie)


Ich hoffe und wünsche Ihnen, dass Sie sich ernsthaft mit dem Wort der Bibel auseinandersetzen. Ob Sie an die Evolution glauben oder ist nicht dabei sekundär. Entscheidend ist, ob Sie Jesus als Ihren Erlöser annehmen oder nicht. Heute und in alle Ewigkeit werden Sie diesen Schritt nicht bereuen. Das versichere ich Ihnen!
 

Mit besten Grüssen, Roland Schwab



Sehr geehrter Herr Schwab

6. Januar 2010


Danke für Ihre interessante Antwort. Ich schätze es, dass Sie den Dialog nicht scheuen!
 
Zu Ihren Gedanken:
 
Ich bin von Ihrer Antwort nicht überrascht. Verständnis für die rationale Denkweise, oder auch nur den Versuch, zu diesem zu gelangen, erwarte ich von Ihrer Seite schon lange nicht mehr. Zu oft und zu lange habe ich mit Verfechtern Ihrer Seite argumentiert und zu dick ist die Kruste um Ihr mittelalterliches Gedankengut. Sinnlos ist es auch, weiter die Faktenkenntnis-Muskeln spielen zu lassen; Sie und ich und auch die Herren Doktoren Chemie und Biologie in Ihren Reihen wissen, dass wenn es darum ginge, möglichst viele Fachleute für die jeweilige Seite zu gewinnen, der Kreationismus mit abgesägten Hosen und lediglich dem Beistand von wenigen Pfarrern und Pfaffen dastehen würde (wissenschaftliche Gruppendynamik hin oder her!).

Doch darum geht es natürlich nicht. Woran mir stattdessen liegt, ist Ihnen den Menschen als Philosoph (ursprünglich aus dem Griechischen der „Weisheitsliebende und -suchende“) bewusst zu machen. Getrieben von einem inneren Wissensdurst, wird er weder ruhen noch rasten, bis auch die letzten Geheimnisse unseres Universums gelüftet sind. Töricht scheint es da, sich mit einem alten Wissen zufriedenzugeben!

Zur Illustration ein Beispiel:  Ein Höhlenmensch wird die Erklärung für Naturgewalten wie Blitz und Donner rasch in einem übermenschlichen, göttlichen Kontext gesucht haben. Mangels Erklärungsalternative hat er den Blitz als Wink oder gar als Strafe Gottes interpretiert. Heute, nach langer, rastloser Forschung, wissen wir es besser. Nämlich ist ein Blitz nichts anderes, als die elektrostatische Aufladung der wolkenbildenden Wassertropfen. Niemand mit wissenschaftlichem Flair glaubt mehr daran, dass der Blitz von Gott gesandt ist. Gleiches gilt für die Frage nach der Herkunft des Menschen: In biblischen Zeitaltern haben die Leute mangels brauchbarer Alternative einen übermenschlichen Schöpfer für die Entstehung des Lebens verantwortlich gemacht. Er soll, ungeachtet aller Naturgesetze, die Welt aus dem Nichts und den Menschen aus Erde erschaffen haben. Auch das wissen wir, dank der Evolutions- und Urknalltheorie, heute besser. Zwar sind längst nicht alle Details dieser Theorien restlos belegt und beleuchtet, doch geht aus ihnen eindeutig hervor, dass eine Schöpfung im Sinne der Genesis pure Erklärungsnot widerspiegelt und in die Märchenecke gestellt gehört. Sie verspotten mit Ihren Aussagen die Generationen von Denkern, die für unser heutiges Weltbild wissenschaftlicher Eleganz verantwortlich sind im gleichen Masse, wie der Schüler den Lehrer mit der Aussage, für ihn gelten keine Rechenregeln, zwei und zwei ergebe sieben.

Die Gemeinschaft von Kreationisten hält sich, stur wie ein ignoranter Greis, an dem immer dünner werdenden Faden fest, der die noch bestehenden Grauzonen der Evolutionstheorie verkörpert. Doch dieser wird früher oder später reissen.

In der Hoffnung, bei Ihnen damit mehr als ein müdes Lächeln zu bewirken, verbleibe ich

mit freundlichen Grüssen, T.



Sehr geehrter Herr T.

7. Januar 2010


Selbstverständlich bewirken Sie bei mir mit Ihren Ausführungen weit mehr als ein müdes Lächeln! Ich verstehe Ihren Standpunkt und Ihre Gedanken sind mir ganz bestimmt nicht fremd. Es käme mir auch nie in den Sinn Sie und alle Wissenschaftler die an die Evolution glauben in irgendwelche Schubladen abzutun. Ein hochintelligender Freund von mir sprach einmal davon, wie komplett unterschiedlich jeder Mensch im Grunde ist. Wenn selbst bei der Kristallisation von Wasser zu Schnee nie zwei identische Flocken entstehen - wie verschieden müssen da die Gehirne selbst eineiiger Zwillinge funktionieren!  Kurzum:  Jeder Befürworter und jeder Gegner der Evolutionstheorie trägt im Grunde ein komplett verschiedenes Weltbild in sich. Sie als Weisheit suchender Mensch, versuchen Sie objektiv zu bleiben: Jeder Mensch tickt komplett anders.


Zu Gott und der Bibel:

Ich weiss, es ist nicht Ihr Fachgebiet, aber bestimmt haben Sie von den verschiedenen Experimenten der Quantenphysik gehört, denenzufolge sich die Materie anders verhält wenn wir Menschen sie beobachten oder nicht. Selbstverständlich übersteigt es mein und Ihr Vorstellungsvermögen aber so ist es: Unsere Wahrnehmung nimmt Einfluss auf die materielle Realität um uns herum.  Und nun:  Wenn unsere Wahrnehmung, unser Glaube einen Einfluss auf gewisse Elementarteilchen hat - wo ist die Grenze? Wenn ich nur ein Atom mit meinem Geist bewegen kann, dann kann ich auch zwei oder drei oder gar alle Atome im Universum bewegen. Dazu sagte Jesus, wenn wir Glaube hätten so gross wie ein Senfkorn, dann könnten wir Berge versetzen.

Eine Frage an Sie ganz persönlich:  Glauben Sie, dass Sie einen freien Willen haben? Ganz nüchtern betrachtet, da haben Sie vollkommen recht, ist ein Blitz nichts anderes als eine elektrostatische Entladung. Und all die Gedanken die sich in Ihrem Gehirn abspielen? Nüchtern betrachtet sind sie nichts anderes als das Produkt komplizierter chemischer, elektrischer, photovoltaisischer und anderer physikalischer Vorgänge. Von daher sind zwei Möglichkeiten denkbar:

A)
  Ihre Gedanken sind das reine Produkt physischer Ereignisse. Sie selber als Geist sind damit nichts als ein Phänomen des Gehirns. Daraus resultiert zum einen, dass Sie aufhören zu existieren, sobald Ihre Gehirnfunktionen aussetzen. Zum anderen bedeutet es, dass Sie keinen freien Willen haben.

B)  Ihr Gehirn wird von einem nicht-materiellen Geist "belebt". Zu diesem Schluss kommt John C. Eccles in seiner Schrift "The self and its brain", die er gemeinsam mit Karl Popper verfasst hat. Demnach könnte man sagen, dass Ihr "über- resp. aussernatürlicher" Geist die Fähigkeit hat auf elektrische Entladungen, etc. in Ihrem Gehirn Einfluss zu nehmen. Sie als "aussernatürlicher" Geist haben einen freien, sprich nicht an starre physische Gesetze gebundenen Willen - und können (wie das die Bibel tut) für Ihr Handeln und Tun zur Rechenschaft gezogen werden. Sie können mit Ihrem Geist Moleküle und elektrische Entladungen in Ihrem Gehirn "steuern" und so einen bewussten Einfluss auf Ihr Denken und Tun ausüben - und Sie könnten auch Atome ausserhalb Ihres eigenen Gehirns befehligen. Wenn Sie den dazu notwendigen Glauben aufbringen könnten.

Ob Sie das tote Produkt physischer Ereignisse sind, ob Sie einen freien Willen haben und ob es einen Gott gibt, der auf elektrische Entladungen die wir als Blitze wahrnehmen Einfluss ausüben kann - Fragen wie diese zu beantworten, dabei wird Ihnen keine Wissenschaft der Welt helfen. Ich ganz persönlich meine: Da ist mehr zwischen Himmel und Erde als Eure Schulweisheit Euch lehrt...

Interessant übrigens:  Alle übernatürlichen "Wunder" die Gott/Jesus gemäss biblischem Bericht getan hat geschahen immer durch Befehle: Es werde Licht! Steh auf und geh! Etc.


Herzliche Grüsse und Gottes reichen Segen wünsche ich Ihnen!
Roland Schwab




Sehr geehrter Herr Schwab

8. Januar 2010


Ihre physikalischen Einwände sind sehr interessant. Ich beschäftige mich von Hobby mit theoretischer Physik und verstehe daher die Quantenfluktuationen und die Heisenbergsche Unschärferelation, die Sie ansprechen, sehr genau. Allerdings gehe ich mit Ihnen nur bis zu einem gewissen Punkt einig: Es ist wohl so, dass elementare Materie sich tatsächlich durch unsere Beobachtung erst "entscheidet", welchen Zustand sie einehmen muss. Allerdings ist es falsch anzunehmen, dass wir grössere Teilchenansammlungen mit unserer Beobachtung oder gar nur unserem Denken beeinflussen könnten! Richard Faynman, Nobelpreis für Physik, beschrieb diesen Sachverhalt mit dem sog. Faynmanschen Pfadintegral, wonach alle einzelnen Teilchen jeden Möglichen Weg beschreiten; allerdings durch interpartikuläre Wechselwirkungen alle Wege bis auf einen mathematisch verunmöglicht werden. Glauben versetzt also sicher keine Berge.

Zum freien Willen:  Ich halte den tatsächlich für eine reine Illusion.  Wie sie in A)  sehr richtig bemerken, ist der Mensch prinzipiell nicht mehr als ein (durch die Evolution) gut organisierter Teilchenhaufen. Alle Gefühle, Gedanken und Handlungen sind, radikal reduktionistisch gesehen, physikalisch/chemisch erklär- und somit eindeutig vorhersagbar (wenn auch nur mit erheblichem Rechenaufwand).  Möglichkeit B)  halte ich für pure Scheu vor der kalten Wahrheit.


Auch noch eine persönliche Frage an Sie: 

Offensichtlich sind Sie ein kluger, gebildeter Mann. Wie kommt es, dass Sie nicht so über diese Dinge denken wie ich? Sicher sind alle Menschen verschieden, wie es alle Schneekristalle sind. Jedoch glaube ich nicht, dass jemand intelligentes mit freier Enscheidungsmöglichkeit (ohne Druck vom Elternhaus etc.) sich intuitiv mit dem biblischen Glauben anfreunden kann...


Noch eine These: 

Die Evolution optimiert bekanntlich die Fähigkeit der Individuen, sich fortzupflanzen. Nun gibt es eine zunehmende Zahl von Biologen, die behaupten, der Gottesglaube, seineszeichens grösster Gegner der Evolutionstheorie, sei nur ein Weg der Evolution, den Menschen zu schützen und ihn fortpflanzungsfähiger zu machen. Die Evolution selbst ist also für Mentalitäten wie die Ihre verantwortlich.


Ohne Sie mit einer meiner Aussagen persönlich angreifen zu wollen, verbleibe ich


mit freundlichen Grüssen, T.



Sehr geehrter Herr T.

11. Januar 2010


Wenn ich dieses Experiment richtig in Erinnerung hatte, dann war das so: Vor einer mit Gold beschichteten Platte wurde eine weitere Platte mit zwei klitze kleinen Öffnungen angebracht. Auf diese liess man einige Teilchen zu fliegen, woraufhin auf der Goldplatte ein Interferenzbild mit Einschlägen dieser Teilchen entstand. Und nun wollte man wissen, wieviele Teilchen durch das eine, und wieviele durch das andere "Törchen" gingen. Dazu wurden verschiedene Versuchsanlagen aufgebaut - und siehe da: Sobald man nachweisen konnte wieviele durch das rechte und wieviele durch das linke gingen, da entstand kein Interferenzbild mehr auf der Goldplatte.

Dieser Versuch wurde meines Wissens so verfeinert, dass man Lichtquäntchen an den Partikeln befestigte die am linken oder am rechten Tor hängen blieben. Diese Lichtquäntchen wurden abgeführt und gezählt. Wobei immer in etwa gleich viele rechts wie links gezählt wurden - und jeweils kein Interferenzbild mehr entstand. Wenn man nun exakt den selben Versuch aufbaute, aber anstatt dass die Lichtquäntchen gezählt werden konnten, da wurden sie in einen Pool mit vielen Lichtteilchen geleitet. So dass es unmöglich wurde jemals herauszufinden, wieviele am rechten und wieviele linken Törchen hängen blieben. Und siehe da: Nun da es uns Menschen in aller Zunkuft nicht möglich sein sollte zu wissen, wieviele den rechten und wieviele den linken Weg gingen, da entstand es wieder, das Interferenzbild.


Fazit:

Allein die menschliche Wahrnehmung hat einen Einfluss darauf, wie dieses physikalische Experiment ausgeht. Man kann den Versuch aufbauen wie man will: Sobald ein Mensch wissen kann oder nicht wieviele Teilchen den rechten und wieviele den linken Weg gehen, entsteht das Interferenzbild - oder nicht.

Bevor ich Ihr übriges Email eingehe: Stimmt es was ich sage und ahnen Sie worauf ich hinaus will?


Herzliche Grüsse, Roland Schwab



Sehr geehrter Herr Schwab

20.01.2010


Ich komme nun endlich dazu, Ihnen zu antworten.

Ihre Überlegungen kann ich gut nachvollziehen. Was sie beschreiben ist in Physikerkreisen als das so genannte Doppelspalt- Experiment bekannt. Wie sie sehr richtig anmerkten, unterscheidet sich dabei das Bild auf der Photoplatte (oder Goldplatte) bei "unbeobachtetem" Elektronenbeschuss wesentlich von dem mit "beobachteten" Elektronen (siehe C. Jönsson 1961). Das Interferenzmuster bei unbeobachtetem Elektronenbeschuss zeigte dabei erstmals den Wellencharakter der Materie (der Elektronen).

Nun: Grundsätzlich falsch, wie schon im letzten Mail erwähnt, ist die Interpretation, dass der Mensch mit seiner Wahrnehmung eine Art metaphysischen Einfluss auf die Bestimmung der Teilchen nimmt. Die Unterschiede in den resultierenden Bildern von beobachteten und unbeobachteten Teilchen rühren daher, dass eine Beobachtung eines Teilchens nichts Anderes ist, als ein Beschuss mit gewissen anderen Teilchen (Photonen, Elektronen, etc.). Es leuchtet daher ein, dass eine Beobachtung von derart kleinen Teilchen deren Impuls und somit das Erscheinungsbild auf der Photoplatte völlig verändert (siehe Heisenbergsche Unschärferelation).

Natürlich handelt es sich bei meinen Ausführungen um einen sehr primitiven Abriss dieser komplexen Quantenmechanischen Zusammenhänge. Es sei jedoch betont, dass bei diesem Experiment absolut nichts vor sich geht, dass heute nicht mathematisch genaustens beschreibbar wäre. Sich bei dem Versuch die göttliche Einflussnahme auf die Welt auf dieses Experiment zu stützen, stellt sich so als ein Eigentor heraus.

Soviel einmal zum Doppelspalt- Experiment. Ich bin auf Ihre restliche Antwort auf mein letztes Mail gespannt und verbleibe


mit freundlichen Grüssen, T.


Sehr geehrter Herr T.

14. Februar 2010


Jetzt hat es auch bein mir etwas länger gedauert!

Ich zweifle, dass es Sinn macht dem erwähnten Doppelspalt-Experiment weiter nachzugehen. So wie ich das in Erinnerung habe war eben das der Knackpunkt: dass man versucht hat das Experiment so zu gestalten, dass der "Zählmechanismus" keinen Einfluss auf das Experiment ansich hat. Ich meine, dass man schliesslich so weit ging den exakt selben Versuchsaufbau einmal mit eingeschaltetem Computer (der registrierte ob die Teilchen durch das linke oder das rechte "Törchen" gingen) und einmal mit ausgeschaltetem Computer durchzuführen. Sobald man wissen konnte wieviele rechts und wieviele links gingen, verschwand das Interferenzbild. 
So äussern sich auch in dem Dokumentarfilm Bleep ( www.bleep.de ) diverse "Experten" mit unterschiedlichem Hintergrund dahingehend, dass der menschliche Geist tatsächlich einen Einfluss auf die Materie ausübt.  Für mich ist diese Debatte bedeutungslos da ich mehr als alles was ich mit meinem Verstand erfassen kann weiss, dass ich einen freien Willen habe; dass ich zumindest auf gewisse Materie unter meiner Schädeldecke Einfluss nehmen kann. Dass Sie so eindeutig und radikal vertreten, dass unser menschlicher Geist nicht mehr als das "tote" Produkt eines "gut organisierter Teilchenhaufens" sein könne wundert mich.


Nun aber zu Ihrer persönlichen Frage: 

„Offensichtlich sind Sie ein kluger, gebildeter Mann. Wie kommt es, dass Sie nicht so über diese Dinge denken wie ich? Sicher sind alle Menschen verschieden, wie es alle Schneekristalle sind. Jedoch glaube ich nicht, dass jemand intelligentes mit freier Enscheidungsmöglichkeit (ohne Druck vom Elternhaus etc.) sich intuitiv mit dem biblischen Glauben anfreunden kann...“



Also: Sie als ebenfalls kluger, gebildeter, Weisheit suchender und liebender Mensch, versuchen Sie sich vorzustellen, dass dieser Jesus tatsächlich der lebendige Sohn Gottes ist. Dass Er heute noch lebt und mitten unter uns ist. Dass die Bibel das inspirierte Wort Gottes ist und wir Menschen nicht das Endprodukt einer langen Entwicklung, sondern Ebenbilder des ewigen Gottes sind der seit jeher ist der Er ist. Wenn dem so wäre, dann könnte es sein, dass nicht ich zu Ihm gekommen bin, dass nicht ich Ihn, sondern Er mich gefunden hat, und dass ganz ohne Druck von aussen ich Ihn angenommen habe und von Seiner Liebe erfüllt worden bin. Zumindest offen lassen müssten Sie die Möglichkeit.

Als kleines Kind besuchte ich die Sonntagschule der refomierten Kirche und verschiedene Jugendlager freievangelischer Gemeinden. Mit etwa 7 Jahren ist der Heilige Geist auf mich gekommen, als wir das Lied "Gott ist die Liebe, lässt mich erlösen, Gott ist die Liebe er liebt auch dich..." sangen. Seit dieser Zeit ist nie mehr etwas neues in mein Glaubensleben dazu gekommen. Was damals angefangen hat, das hat sich seither weiter entfaltet. In dem keinen Samen war bereits der ganze Baum enthalten...

Meine Eltern bekehrten sich erst als ich  ca. 12 Jahre alt war. Zu dieser Zeit wollte ich bereits Missionar werden - was ich ja irgendwie auch geworden bin ;-) Das ist mein persönliches Zeugnis - und so könnte Ihnen jeder Christ sein ganz eigenes erzählen. Klar gibt es viele Menschen die negative Erfahrungen mit "Christen" gemacht haben die sich Christen nennen, aber höchstwahrscheinlich keine sind. Als nüchterner Mensch dürfen Sie sich in Ihrem Urteil weder von einzelnen Menschen noch von krichengeschichtlichen Entwicklungen beeinflussen lassen.


Wie ich Ihren Worten entnehme sind Sie ein sehr rational denkender Mensch. Das bin ich auch. Sie glauben an das Prinzip von Ursache und Wirkung. Ich auch. Eine Ursache kann viele Auswirkungen haben, aber keine der Auswirkungen wird mehr Energie oder Information enthalten als die Ursache. Wie kann ein kluger und gebildeter Mensch wie Sie glauben, dass aus einer homogenen sich ausbreitenden Wasserstoffwolke ohne "ausser- oder überkosmischen" Einfluss ein intelligenter Geist entstehen konnte?

Alles was heute existiert muss in irgendeiner Form schon immer existiert haben. Weder die Energie/Materie aus der wir bestehen, noch der Geist der wir sind kann aus irgendetwas hervorgegangen sein das nicht mindestens so energiereich/materiell, resp. "geistig" war wie wir es sind. Ich persönlich gehe davon aus, dass mein Geist die "Auswirkung" einer Ursache ist, die grösser/höher ist als ich selber bin. Und so heisst es in der Bibel: "Sein Geist gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Seine Kinder sind." Das kann ich persönlich so bestätigen.


Eine persönliche Frage an Sie: Glauben Sie ernsthaft, dass wir Menschen als Produkte eine langen Entwicklung die höchsten Wesen auf diesem Planeten sind? Und was glauben Sie ist die Ursache unseres Geistes? Ist es der Geist eines "unspezifizierten" "einfacheren" Vorfahren? Und der Geist dessen wiederum das Produkt eines noch einfacheren Geistes? Etc.?

Ich gebe zu bedenken: So weit wir die Herkunft unseres menschlichen Geistes fassen können scheint er niemals komplexer geworden zu sein. Siehe dazu These 91. Auch möchte ich Ihnen noch einmal nahelegen die Thesen 92 und 93 zu lesen und sich auf die darin geäusserten Gedanken einzulassen.


Mit besten Grüssen, Roland Schwab


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Tobi wrote:
Mein Vorredner hat soeben zersegt.
Ich habe das Gefühl der moderne Mensch vergisst in seiner Prozessreichen Gesellschaft eine Menge seiner Fähigkeiten, während die Dynamik der Gesellschaft Gründe erzeugt, die Welt als verstanden, das automatisch Wahr